Zu Christoph Jünkes Reflexionen über die Deutsche Linke und der lange Schatten des Stalinismus

Unter dem Titel VERGANGENHEIT,DIE NICHT VERGEHT – Reflexionen über die Deutsche Linke und der lange Schatten des Stalinismus hat Christoph Jünke einen Text für die von der Rosa Luxemburg Stiftung herausgegebene Reihe Standpunkte veröffentlicht (Standpunkte 16/2015)
Der Titel macht neugierig. Bemühungen um eine Perspektive sozialer Emanzipation, die an Marx/Engels ökohumanistischen Kommunismus anknüpfen, dürfte von einer solcherart bestimmten Reflexion profitieren.
Gut, dass die Rosa Luxemburg Stiftung den Text  Online gestellt hat. Das erleichtert die Auseinandersetzung.

Jünke formuliert sein Anliegen folgendermaßen:
Der Stalinismus war und ist zuallererst eine historische Erscheinung und bezeichnet die Ära der Herrschaft Stalins in der Sowjetunion. Die Verbrechen dieses historischen Stalinismus sind im sozialistischen Namen geschehen und wurden jahrzehntelang von vielen Linken gerechtfertigt. Sie waren, sind und bleiben jedoch Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen die sozialistische Idee. Und es bleibt deswegen eine moralische Pflicht der Linken, diese Vergangenheit aufzuarbeiten und den Opfern und Oppositionellen des historischen Stalinismus ein ehrendes Gedenken zu geben.
Dem könnte ich im Allgemeinen zustimmen. Allerdings erinnert mich die Formulierung der „im sozialistische Namen“ verübten Verbrechen etwas unangenehm an Helmut Kohls Rede von den „im deutschen Namen“ verübten Verbrechen Nazideutschlands. Die half das Eingeständnis vermeiden, dass es tatsächlich um die Verbrechen Nazideutschlands ging und Nazideutschland nun einmal die Gestalt Deutschlands war nachdem die Hitlerpartei 1933 an die Macht gewählt bzw. gehievt worden war. Ich würde auch nicht von Verbrechen gegen ‚die sozialistische Idee‘ sprechen, sondern von Verbrechen, die der Idee folgten oder die ihr vielleicht immanent sind, dass der Übergang zu kommunistischen Interaktionsbedingungen in und vermittelst Agrarstaaten /-gesellschaften gelingen könnte, die vom Kapitalismus umzingelt sind, sich selbst erst einmal zu industrialisieren haben und die von Führern einer Einparteiendiktatur organisiert werden, die den Weltkommunismus kontrafaktisch per „wissenschaftlicher Weltanschauung“ antizipierenden und deshalb keine anderen Götter neben sich dulden können.
Jünke weist im Folgenden – zu Recht – darauf hin, dass der Stalinismus ein Gesellschaftssystem etabliert habe, das – wenn auch nicht mit den Gewaltexzessen im dem Ausmaß, wie sie die unmittelbare Stalinära charakterisierten, wohl aber „in seinen Grundlagen, Strukturen, Formen und Ideologien“.viele Jahrzehnte existierte und  auch Modell für eine Reihe sozialistischer Experimente in Asien, Lateinamerika und Afrika wurde.
Stalinismus ist vor diesem Hintergrund nicht nur eine historische Erscheinung, sondern auch und nicht zuletzt eine politische Theorie und Praxis, eine spezifische Art des politischen Denkens und Handelns, die sich als solche sogar von der Person Stalins und vom sowjetrussischen Beispiel vollkommen abzulösen vermag.
In den Subkulturen der deutschen Linken habe nun aber selbst die Rechtfertigung der unmittelbaren Stalinära wieder Konjunktur. Das zeige etwa der langjährige Beifall für das 2006 auf Deutsch erschienene Buch des italienischen Altphilologen und kommunistischen Historikers Luciano Canfora  mit dem Titel: «Eine kurze Geschichte der Demokratie», das die geringere Lupenreinheit von auf kapitalistischen Grundlage funktionierenden Demokratien hervorhebt.
Canfora schreibt deswegen die Geschichte der Demokratie vor allem als Geschichte einer Ideologie, als Geschichte eines falschen Bewusstseins und eines Manipulationszusammenhangs. Demokratie ist ihm weniger die (wie auch immer widersprüchliche) institutionelle Fassung eines Kampfes von Klassen und Schichten. Vielmehr ist sie ihm zuallererst und letzten Endes ein formales Mittel der oligarchisch Herrschenden, die nachdrängenden Klassen irrezuführen.
Wobei es allerdings auch entschieden zu kurz greifen würde, das demokratische Treiben auf nationalstaatlich-kapitalistischer Grundlage auf den Kampf verschiedener Klassen und Schichten um klassen- und schichtspezifische Privilegien, Schutzräume oder Entfaltungsmöglichkeiten usw. zu reduzieren – einfach aus dem Grund, weil nicht selten gerade Elemente privilegierter Schichten, nämlich auf Grundlage eben ihrer besseren Möglichkeiten, Vorreiter sozialer Emanzipationsprozesse sind.
Jünke kritisiert, dass Canfora Demokratie nicht als eine sozialgeschichtliche Bewegung wahrnimmt, die immer wieder auch Fortschritte in der sozialen Emanzipation ermöglichte. Demokratie sei auch „eine jahrtausendealte Form politischer und sozialer Freiheitsbewegungen ebenso wie ein Set historisch spezifischer Rechte und Institutionen.“
Die Missachtung der Möglichkeiten, welche die politische Sphäre, insoweit sie nach demokratischen Spielregel organisiert ist, trotz ihrer strukturellen Unmöglichkeiten der sozialen Steuerung ökonomischer Prozesse bieten, würde dann ach übertragen auf die Ideen einer direkten Wirtschaftsdemokratie, die dann ohne demokratische Formen auskommen könne und als „erziehungsdiktatorischen Herrschaft einer Minderheit, die sich um demokratische Formen nicht zu kümmern brauche“ vorgestellt würde.
Daraus folge:
Es ist deswegen kein Zufall, dass der ganze zweite Teil des Buches, in dem es um das 20. Jahrhundert geht, eine einzige große Apologie des historischen Stalinismus ist. Weil sich für ihn die alte Idee einer sozialen Demokratie im einstmals real existierenden Sozialismus verkörpert, ist Canfora gleichsam gezwungen, das gesamte Programm stalinistischer Logik und Argumente, die ganzen stalinistischen Mythen, Vorurteile und Verleumdungen nachzubeten. Für buchstäblich jede historische Wendung von Stalins politischem Zickzackkurs der 1920er, 1930er, 1940er und 1950er Jahre findet er politische und geschichtsphilosophische Rechtfertigungen.
Als „zweiten Vordenker des zeitgenössischen Neostalinismus“ sieht Jünke den italienischen Philosophen und Historiker Domenico Losurdo.
Bereits im Jahre 2000 veröffentlichte Losurdo ein kleines Pamphlet über «die kommunistische Bewegung zwischen Selbstkritik und Selbsthass», in welchem er die Verbrechen des einstmals real existierenden Sozialismus und vor allem Stalins mit denen von Churchill und Roosevelt vergleicht – und vergleichen heißt bei ihm: entschulden! In seiner zynischen Erbsenzählerei, wer denn wohl mehr Leute umgebracht habe, geht Losurdo sogar so weit, zu fragen, ob nicht die Verbrechen von Bill Clinton schlimmer gewesen seien als die von Joseph Stalin.
Losurdo würde die Verbrechen nicht leugnen sondern als notwendige Handlungen eines Dritten Weltkrieges gegen den Kapitalismus rechtfertigen.
Von der stalinistischen Verfolgung der linken und der rechten Opposition bis zum Kampf gegen die «Kulaken», von den großen Schauprozessen über den Hitler-Stalin-Pakt bis zum stalinistischen Antisemitismus,von der chinesischen Kulturrevolution bis zu Pol Pot – in allen diesen Fällen sind explizit nicht die Täter für ihre Taten zur Rechenschaft zu ziehen, schuld seien vielmehr der westliche Liberalismus und seine vermeintlich trojanischen Pferde auf der Linken. Alle Verbrechen der stalinistischen Linken waren und sind, Losurdo zufolge, die notwendige Konsequenz des Ausnahmezustandes eines Weltbürgerkriegs zweier vermeintlich antagonistischer Lager.
Den langen Schatten des Stalinismus, den diese beiden Bücher schlagen würden, entdeckt Jünke u.a. in folgenden Blättern der Deutschen Linken:
Losurdos Stalin-Buch ist wissenschaftlich ein Witz, intellektuell erschütternd schmalbrüstig, politisch ein Skandal und moralisch eine Zumutung. In Deutschland jedoch wird es von einem undogmatisch linken Verlag wie dem PapyRossa-Verlag (in großen Auflagen) verlegt und massiv beworben, ohne dass die deutsche Linke aufschreit. Publizistische Lorbeeren erntete es nicht nur in der Jungen Welt, den Marxistischen Blättern, in Unsere Zeit (UZ) und anderen einschlägigen Zeitschriften, sondern auch in der Zeitschrift für marxistische Erneuerung und sogar im Neuen Deutschland, das eine ganzseitige zustimmende Besprechung veröffentlichte – während sich kritische Stimmen nur in wenigen linken «Ghetto»-Zeitschriften wie analyse & kritik (ak), der Sozialistischen Zeitschrift (SoZ) oder dem telegraph finden.
Bis auf „Z“ kein Überraschung, und immerhin gibt es lichte Stellen. Jünke ist kein Alarmist und sieht, dass  die geistig ideologische Strömung, auch wenn sie Bestseller hervorbringt, weit davon entfernt ist, eine politisch Strömung zu sein und damit eine unmittelbare Gefahr. Aber ihm ist natürlich zuzustimmen, dass die gemütliche Tolerierung des Irrsinns diesen auf die Dauer ungeahnte Kräfte verschaffen könnte.
Man sollte also versuchen, das Phänomen zu verstehen.
Warum eigentlich, materialistisch gefragt, will diese Vergangenheit nicht vergehen? Warum wirft der historische Stalinismus auch weiterhin einen deutlichen Schatten auf die deutsche Linke?
Einerseits müsse bedacht werden, welch nachhaltigen Einfluss der historische Stalinismus auf die ideologische Verfasstheit eben auch der bürgerlichen Gesellschaft ausübte und noch ausübt.

Man kann wesentliche Teile des gesellschaftspolitischen und sozialphilosophischen Denkens auch unserer Zeit nicht verstehen, wenn man nicht begreift, dass es in vielerlei Hinsicht, zu Recht oder zu Unrecht, eine intellektuelle Reaktion auf die Geschichte und Ideologie des stalinistisch deformierten Kommunismus ist – das gilt nicht zuletzt für hegemoniale Ideologien wie den Postmodernismus und den Neoliberalismus.

Auch in Osteuropa ist der Stalinismus mehr als nur gedanklich noch präsent. Ohne ein Verständnis einstmals «sozialistischer» Bürokratie ist der neue dortige oligarchische Kapitalismus kaum verständlich. Und das größer gewordene Deutschland ist zu einem gehörigen Maß Teil des osteuropäischen Erbes geworden – politisch, ökonomisch wie kulturell
 Für die Attraktivität der Suche nach Halt im Poststalinismus macht Jünke u.a. den Verfall des sozialstaatlicher Geborgenheit in West und Ost und eine Tendenz zur Aushöhlung von Demokratie verantwortlich. Außerdem eine „bewaffneter Globalisierung (dem sogenannten Krieg gegen den Terror)“. All das habe eine „Abscheu vor Demokratie“ hervorgerufen, als deren linke Variante sich der Neostalinismus anbiete. Hinzu käme falsches Nachdenken über Sozialismus
Solange über gesellschaftliche Transformationsprozesse über die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaftsform hinaus nachgedacht, diskutiert und politisiert wird, solange wird es auch die Versuchung eines gesellschaftspolitischen Substitutionismus geben, das heißt den autoritären und erziehungsdiktatorischen Kurzschluss einer sich an die Stelle der Bevölkerungsmehrheit setzenden und solcherart verselbstständigenden Avantgarde. Und da eine sozialistische Produktionsweise zwangsläufig eine (wie auch immer durch marktwirtschaftliche Formen aufgelockerte) Planwirtschaft sein wird, stellt sich auch hier das Problem einer demokratischen Steuerung und Kontrolle dieser geplanten Gemeinwirtschaft.
Was die ersten beiden Punkte betrifft, so beschleicht mich das Gefühl, dass der Kritiker selbst nicht ganz unberührt von  Welterklärungsmustern ist, die auch das poststalinistische Denken kennzeichnen. Sicher ist der Verlust von Vollbeschäftigung der 1970er Jahre und der sie damals begleitenden Möglichkeit, zur Not drei und mehr Jahre vergleichsweise üppiges Arbeitslosengeld I zu erhalten ärgerlich. (Auch wenn das damalige Paradies ohne Computer und Smartphones auskommen musste) Der zweite Arbeitsmarkt gehörte wieder ausgebaut und, in Kombination mit einem bedingungslosen Grundeinkommen, zu einer Instrument nachhaltiger Entwicklung gemacht statt zugunsten einer ökonomisch, sozial wie ökologisch fragwürdigen Vollbeschäftigungsideologie geschrumpft. Aber statt Mut zu machen, sich des eigenen Engagements zu bedienen, verharrt die Kritik selbst in der Perspektive des sich empörenden aber ansonsten immer und überall ohnmächtigen Opfers, das nach Kümmern verlangt.
Das Mindeste wäre eine einigermaßen differenzierte Beschreibung der Entwicklung sozialstaatlicher Standards und was dies bezüglich gefordert wird bzw. zu tun wäre. Will man Diskussionen jenseits von Demokratieverdruss müssen auch Kräfteverhältnisse nach der Vereinigung Deutschlands und langjährige Fehler konservativer Gewerkschaftspolitik zur Sprache kommen, die der Leiharbeit kein fortschrittliches Modell entgegensetze, die Kampagne zur 35 Stundenwoche ins Nichts torkeln  und Privatisierung als Fortschritt erscheine ließen. Aber auch, welche Anzeichen und welche Hemmnisse es gibt für neue Kooperationen von Gewerkschaften, Umweltverbänden und entwicklungspolitisch engagierten Institutionen der  Eine-Welt-für-Alle-Perspektive unter dem Banner  einer Großen Transformation, und warum zum ideologischen Poststalinismus tendierende Fixiertheit auf das immer stärker steigende Elend übersieht gehörten in den Blick.
Anti-Terror-Kampagnen einseitig unter dem Stichwort der „bewaffneten Globalisierung“  zu fassen ist falsch, unproduktiv und eben auch sehr nahe an  poststalinistische Welterklärungsmuster. Was bedeutet es, sich NICHT dafür zu interessieren, was der Islamismus mit faschistischem Antlitz anrichtet und was dagegen zu tun wäre? Wer fragt, wie eine globale Friedensordnung geschafft werden kann, die keine Friedhofsruhe ist und garantieren kann, dass die basalen Menschenrechte tatsächlich überall zur Geltung gebracht werden können.
Solche Fragen auszuklammern verhilft dem Poststalinismus ebenso Bewegungsspielraum wie die Furcht vor eines Meinungsaustausch über sozialistische Perspektiven und dabei auch eine Debatte zuzulassen über Notwendigkeit, Möglichkeit und mögliche Gestalt des gesellschaftlichen Übergang zu schließlich kommunistischen Interaktionsbedingungen. Es ist richtig, dass das allseitige Beschweigen dieser Fragen auch eine Folge der Erfahrungen mit den ungeheuren Verbrechen stalinistischer Sozialismusversuche sind.
Poststalinistische Ideen sind auch ausdruck eines Mangels an beachtenswerten Debatten, Vorstelllungen, Theorien einer sozialistischen Transformation, die die Gefahr eines erneuten Abdriftens des gut Gemeinten in totalitäre Menschenfeindlichkeit tatsächlich (nachvollziehbar) als die zentrale Herausforderung bei der Entwicklung gesellschaftsverändernder Perspektiven begreift. Des Magels an Bemühungen, an bestehende gesellschaftliche Prozesse rund um die Philosophie und die realen Ansätze einer nachhaltigen Entwicklung anzusetzen und zugleich einen gesellschaftlichen Diskurs über gesellschaftliche Perspektiven zu initiieren, die über das derzeit Mögliche hinausgehen und  Ziele zu benennen, die sich an das orientieren, was ohne Rücksichten auf politische Opportunitäten als Notwendigkeit erkannt werden kann.
Vor diesem Hintergrund verstehe ich den langen Schatten des Stalinismus nicht nur als einen Schatten, der aus der Vergangenheit zu uns herüber reicht. Der lange Schatten des Stalinismus ist ebenso ein Schatten, der aus der politischen Zukunft auf uns geworfen wird als ein Problem jeder politischen Theorie und Praxis, die auf eine Veränderung des Status quo abzielt
Das stimmt. Bedeutet aber auch viel mehr als Ideologiekritik.
Der Stalinismus als ein System bestimmter Haltungen und falscher Ideen ist vor allem falsches Bewusstsein, eine Ideologie im marxistischen Sinne des Wortes also –  und zwar die Ideologie einer revolutionären Elite, die sich innerhalb eines bestimmten historischen Kontextes in eine antidemokratische Bürokratie verwandelt.
Eine Ideologie im Marxschen Sinne wären allerdings Vorstellungen, die aus den gesellschaftlichen Verhältnissen notwendig hervorgehen. Etwa, das Gefühl der Verantwortlichkeit für die sozialen bzw. ökologischen Kosten der Befriedigung der eigenen Bedürfnisse und Wünsche oder eben das Fehlen eines solchen Gefühls. Sollte dieser Mangel als zu bewältigendes Problem erkannt werden, wäre eine mögliche Konsequenz , herausfinden zu wollen, welche Interaktionsbedingungen zu schaffen sind, damit sich die einzelnen Menschen auf sozio-ökologisch vernünftigen Produktionsbedingungen, -standards, -mengen, -orte usw. einigen – wollen und können.
Richtig ist:
Nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts kann ein Sozialismus des 21.Jahrhunderts nur als breiteste demokratische Selbsttätigkeit der Bevölkerung hegemonie- und mehr heitsfähig werden. Eine solch umfassende und radikale Demokratie im politischen wie im sozialen Sinne kann sich nur entwickeln, wenn der Geist solcher Selbsttätigkeit tiefe und nachhaltige Wurzeln schlägt im Denken und in den Institutionen linker Politik, in Organen einer wirklichen sozialistischen Demokratie.
Wobei das „Sozialistische“ nicht einfach nur mehr oder weiter gefasste Demokratie sein kann. Das Sozialistische macht diejenigen Veränderung der konkreten Abhängigkeits-, Behauptungs- bzw. Rechtfertigungszusammenhänge der Menschen aus, die sie – sukzessiv – in die Lage versetzen, miteinander um die individuellen wie um die gemeinsame, regionalen, globalen sektoralen usw. Ziele (und die dafür aufzubringenden Kosten) sozio-ökologischer Natur zu ringen. Das Sozialistische an einer sozialistischen Demokratie wären also Veränderungen der sozialen Möglichkeiten das soziale Wollen und Wirken in einer sozio-ökologisch vernünftigeren Weise aufeinander abzustimmen.
Doch glaubwürdig neu beginnen kann die deutsche Linke nur, wenn sie die schwierige, aber notwendige Dialektik von Demokratie und Sozialismus erneuert und sich den Schlüssel zur politisch intellektuellen Erneuerung nicht aus der Hand nehmen lässt. Die in den philo- und neostalinistischen Strömungen zutage tretende «Abscheu vor der Demokratie» ist hierbei nicht nur ein falscher Weg, sondern eine politisch gefährliche Sackgasse in den Neuformierungsdiskussionen der Linken. Denn die Halbheiten der bürgerlichen politischen Emanzipation überwindet man nicht mit den Halbheiten realsozialistischer Emanzipation.
Kann ich so unterschreiben.
hhh

1 Responses to Zu Christoph Jünkes Reflexionen über die Deutsche Linke und der lange Schatten des Stalinismus

  1. Habe meine anfangs etwas sehr knapp geratene Bemerkung über das Sozialistische einer sozialistischen Demoktratie am Ende der Betrachtung eben noch ein wenig präzisiert. Auch in Zukunft gibt es wohl die eine oder andere Nachreifung. Auf das Verhältnis von Demokratie und Sozialismus werde ich aber später und an anderer Stelle etwas näher eingehen. Siehe dazu auch die die 13 Thesen zu „Was heißt hier (Öko-) Kommunismus?“ Und Was heißt hier Sozialismus?

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